Als sich einmal ein paar ForscherInnen in eine öffentliche KMS verirrten…

Gedanken zum Projekt von der Partnerlehrerin Dagmar Schulz

Als vor zwei Jahren der Wunsch an mich herangetragen wurde, ein partizipatives Forschungsprojekt mit dem Forschungsteam von Science Communications Research und meiner Klasse durchzuführen, war ich einerseits etwas skeptisch was die Durchführung betraf, andererseits stellte ich mir eine Zusammenarbeit aber auch spannend und interessant vor. Weiters war und ist es mir ein Anliegen, außerschulische Personen/Organisationen in das Schulleben einzubeziehen, um diesen ein differenzierteres Bild des Systems „Schule“ zu vermitteln, als es üblicherweise in diversen Medien verbreitet wird.

Zu Beginn galt es zu allererst einmal, Zeitressourcen im Rahmen des Unterrichts für das Projekt frei zu machen. Dem Wunsch des Forschungsteams, das Projekt als Freigegenstand in der Schule anzubieten, konnten wir nicht nachkommen, da das begrenzte Stundenkontingent dies nicht zuließ und auch die für einen Freigegenstand nötige TeilnehmerInnenzahl nicht vorausgesetzt werden konnte. Daher wurde das Projekt in den Regelunterricht integriert: Im ersten Jahr wurde alle 14 Tage 2 Stunden gemeinsam gearbeitet/geforscht und im zweiten Jahr 35 Stunden im Block in Form einer Projektwoche. Von Freiwilligkeit oder gar Wahlmöglichkeit war allerdings ab diesem Zeitpunkt für niemanden (Lehrerin, SchülerInnen und Wissenschaftsteam) mehr die Rede.

Besonders in der ersten Phase des Projektes ging es darum, geeignete Formen des Zusammenarbeitens zwischen den SchülerInnen und den WissenschafterInnen zu finden. Ich ließ dem Forschungsteam dabei sehr viel Freiraum. Vor allem in der Arbeit mit der Gesamtklasse kam es immer wieder zu sehr turbulenten, unruhigen Situationen, was ich einerseits auf die doch schwierige Klassensituation/SchülerInnendisposition zurückführte, aber auch auf die geringe Erfahrung der ForscherInnen in der Arbeit mit Schulklassen.
Die Arbeit in Kleingruppen ab dem Sommersemester 2009 ermöglichte eine produktivere, ruhigere und konzentriertere Zusammenarbeit zwischen den SchülerInnen und den ForscherInnen. Es ist sicher, dass durch die Arbeit mit den ForscherInnen gruppendynamische Prozesse in die Wege geleitet wurden, die in den Unterricht hinein wirkten. Fraglos haben viele SchülerInnen von der Zusammenarbeit mit den WissenschaftlerInnen profitiert, sie haben ihren Horizont erweitert, fühlten sich ernst genommen und als Gesprächspartner akzeptiert. Die SchülerInnen konnten ihre Kompetenzen steigern. Sie konnten ihr eigenes Umfeld, ihren Alltag aus einer anderen Perspektive betrachten und auf praktischer Seite „soft skills“ wie Präsentieren vor Anderen, Interviewen oder die Verwenden bestimmter Software ausprobieren und üben. Bei einigen SchülerInnen war darüber hinaus eine Steigerung des Selbstbewusstseins zu beobachten. Andererseits wurden Verhaltensweisen aus dem Forschungsprojekt (Aneignen von Sprechsituationen und Raum für eigene Befindlichkeit) in die Schulsituation übernommen, was sich nicht nur positiv, sondern auch in Form von schwierigem Verhalten im Unterricht bemerkbar machte. Nicht alle Veränderungsprozesse waren von meiner Seite erwünscht. Wenn Forschung in die Schule kommt, gibt es dort also Veränderung und nicht jede ist von vorn herein als positiv zu bewerten. Darüber sollte man sich klar sein, wenn man sich an Schul- Forschungskooperationen beteiligt.

Ein weiterer heikler Punkt war mit der Aufsichtspflicht für SchülerInnen verbunden, da für die Zeit der Anwesenheit von PflichtschülerInnen in der Schule auf Grund ihres Alters für diese vom Gesetz her die Verantwortung übernommen werden muss. Für mich war klar, dass ich den äußeren Rahmen garantiere. Richtlinien, die im Schulalltag Standard sind, um Verantwortungsbereiche festzulegen, mussten im Rahmen des Projektes erst erarbeitet werden, damit ein gemeinsames Forschen, besonders auch außerhalb des Schulgebäudes möglich wurde. Das Einholen von Einverständniserklärungen der Eltern für diverse Aktivitäten war mit Organisationsaufwand verbunden. Dies ist eine spezielle Situation für die Durchführung von Forschungsprojekten in der Sekundarstufe 1. Ich denke, dass das „Sparkling Science“ Programm, das eher für die Forschung mit ausgewählten OberstufenschülerInnen konzipiert ist, in der Pflichtschule und speziell in einer KMS auf Schwierigkeiten trifft – sowohl was den Inhalt als auch den Durchführungsrahmen betrifft, da von Seiten der Ausschreibung nicht überlegt wurde, wie man dieses Forschungsprojekt in die – an und für sich nicht sehr flexiblen – Rahmenbedingungen der Schulorganisation integrieren soll und außerdem die Ressourcen begrenzt sind. So würde ich unbedingt auch für die Lehrpersonen, die an solchen Projekten teilnehmen, eine Herabsetzung der Unterrichtsverpflichtung um mindestens zwei Stunden fordern, damit eine Kooperation mit dem Forschungsteam, Teilnahme an Teamsitzungen, Planung, Verfassen von Texten etc. ohne Selbstausbeutung möglich sind. Weiters müssten die Organisationsstrukturen von SchulrechtsexpertInnen erarbeitet werden.
Die Implementierung einer Dauerpartnerschaft wurde im Rahmen der Ausschreibung Sparkling Science im Frühjahr 2010 geplant. Angedacht war eine Kooperation zwischen der KMS Pfeilgasse und des Science Communications Research im Rahmen von Schnupperpraktika, um SchülerInnen einen Einblick in die Organisation von Wissenschaft und Forschung zu gewähren. Leider wurde unser Projekt allerdings dieses Mal nicht mehr gefördert.